Linke Kreisrätin zu Naturschutz und Ertrag in der Landwirtschaft.

Am 5. Dezember 2019 fand in der Gemeindehalle Gochsen eine Veranstaltung zum Thema „Landwirtschaft zwischen Naturschutz und Ertrag“ statt. Der Saal war übervoll, die Teilnehmer zu mehr als ¼ Landwirte, konventionelle und ökologische, dementsprechend auch Naturschutzbefürworter und -kritiker. Frau Isabell Huber, MdL von der CDU, berichtete vom Stand des Volksbegehrens: da es gegen einen Entscheid zu viel Widerstand gab, sitzen jetzt beteiligte Gruppen, Verbände und Politiker an einem Runden Tisch und verhandeln einen Kompromiss, also z.B., dass in Steuobstwiesen „ein bisschen“ gespritzt werden darf. Das allein ist für mich schon völlig unverständlich, denn um die großen Kronen von Hochstämmen zu spritzen, braucht man Unmengen an Spritzmaterial und das, obwohl man nur Mostobst, kein Tafelobst produziert. Da insbesondere alte Streuobstbäume und die artenreichen, weil nicht intensiv genutzten Wiesen darunter ein Biotop an sich darstellen, ist ein solcher „Kompromiss“ für mich nicht akzeptabel.
Schwerpunkt der Veranstaltung war der Vortrag von Prof. Dr. Johannes Steidle von der Uni Hohenheim, der sich seit Jahren mit dem Rückgang der Insekten, den Ursachen, den Folgen, also dem Schaden im gesamten Ökosystem, und den Möglichkeiten dem entgegenzusteuern, befasst.
Neben der Lichtverschmutzung, die vor allem die Nachtinsekten beeinträchtigt, ist tatsächlich die Landwirtschaft Hauptverursacher des Insektensterbens (die Zivilisation ist es deshalb nicht, weil sie einen sehr kleinen Anteil an der Gesamtfläche beansprucht, auch wenn das in Ballungsgebieten anders aussieht, den größten Flächenanteil beanspruchen Landwirtschaft und Wald):
• hochgedüngte und intensiv bewirtschaftete Grünlandflächen bieten nicht den Artenreichtum, den die auf bestimmte Futterpflanzen spezialisierten Insekten brauchen
• Herbizide, wie Glyphosat z.B., töten nicht nur indirekt durch Ausrottung der Futterpflanzen, sondern auch direkt durch ihre Giftwirkung, sie sind damit auch Pestizide.
• Reine Pestizide natürlich erst recht
• all diese Störfaktoren werden noch verstärkt durch weiträumige Felder, Monokultur, und treten nicht so schädlich auf in kleinräumigen, abwechslungsreichen Strukturen.
• Bioland Landwirt Tobias Heiss fügte in seinem Praxisbericht noch einen interessanten Aspekt hinzu: neue, einzig verfügbare Sorten sind teilweise keine Nahrungsquelle für Insekten mehr. Z.B. hat er bei seinen Öl-Sonnenblumen beobachtet, dass sie keine Insekten anziehen. Andere Sorten sind aber nicht mehr erhältlich.
Dass deshalb die Landwirtschaft in Pflicht und Verantwortung steht, ist völlig klar. Handlungsmöglichkeiten sind: Renaturierung wenigstens eines kleinen Anteils der Grünlandflächen, Reduzierung bis Verzicht auf sog. „Pflanzenschutzmittel“, die, wie eine Grafik anschaulich zeigte, den meisten Landwirten gar keine Mehreinnahmen bringen, Aufhebung der Schäden durch die Flurbereinigung, d.h. Schaffung kleinräumigerer, abwechslungsreicherer Strukturen, Rücksichtnahme bei Mahdtechniken. Die Gesellschaft muss aber ihren Beitrag leisten, indem sie den Mehraufwand und die Ertragseinbuße der Naturlandwirte finanziell ausgleicht und bereit ist, für die bessere, ökologischere Qualität der Produkte auch höhere Preise zu zahlen. (lrt)


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