Randnotizen von Kreisrat Johannes Müllerschön (DIE LINKE).
Entlang eines umfangreichen Programms besuchte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am 30.4.15 den Landkreis Heilbronn. Zu einem „kommunalpolitischen Gespräch“ waren Oberbürgermeister, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Abgeordnete geladen. Alle Kreisräte und Gemeinderäte, die überwiegend ehrenamtlich und basisdemokratisch unterwegs sind, gehören wohl nach Auffassung von Landrat und Ministerpräsident nicht zur kommunalen Familie. Stattdessen sollte jede im Kreistag vertretene Partei oder Wählervereinigung die Möglichkeit haben, mit einem Kreistagsmitglied vertreten zu sein. Immerhin ermöglichte diese Regelung auch dem Fraktionsvorsitzenden der LINKEN und Autor dieser Zeilen, Zugang zu diesem exklusiven Kreis. Die angekündigten Themen Kommunalfinanzen, Flüchtlinge, Straßenbau und Änderung des Kommunalverfassungsrechts versprachen selbst in diesem Kreise richtig spannend und kontrovers zu werden. Über die Themen Geld, Flüchtlinge und Straßenbau berichtete denn auch die Heilbronner Stimme in der Samstagsausgabe und in der Spalte „aufgeschnappt“ am Dienstag.
Das heiße Thema Änderung des Kommunalverfassungsrechts fehlt in der Berichterstattung. CDU Fraktionsvorsitzender Dieter Böhringer sprach das Thema an, und zwar dahingehend, dass er behauptete die „Ausuferung von Minderheitenrechten“ in der Kommunalpolitik würde dazu führen, dass das Ehrenamtliche Engagement zurückgehe und es schwieriger sei, ehrenamtliche Kommunalpolitiker zu finden. Als Beobachter der kommunalpolitischen Szene im Heilbronner Unterland behaupte ich das genaue Gegenteil. Ministerpräsident Kretschmann antwortete, indem er erstmal die Machtfülle der Bürgermeister und der Landräte im Ländle beschrieb. „Da können Frau Merkel und ich nur davon träumen“, Vorsitzender des Gemeinderats/Parlaments und aller seiner Ausschüsse, Chef der Verwaltung/Regierung, Herr über die Themen und die Tagesordnungen. Die anwesende Bürgermeisterriege und Landrat Piepenburg schmunzelten wissend und grinsten vielsagend, fehlte nur noch zustimmendes Schenkelklopfen. Statt nun zumindest die Positionen aus dem Koalitionsvertrag zu beziehen (siehe Auszug am Ende des Artikels) und umzusetzen, kündigte Kretschmann einen Rückzug an. Im vom Innenministerium vorgelegten Entwurf zur Änderung der Kommunalverfassung war zum Beispiel eine Ausweitung der Rechte von Fraktionen in den Kommunalparlamenten enthalten. Sie sollten immerhin Anträge einbringen können. Kretschmann sagte dem versammelten Unterländer Verwaltungsklüngel zu, genau diesen Passus wieder aus dem Gesetzentwurf des Innenministeriums zu streichen.
Die Fraktion der Grünen wollte bei der letzten Kreistagssitzung genau dieses Recht nutzen, um einen Antrag gegen das Freihandelsabkommen TTIP einzubringen.
Wir werden die Heilbronner Grünen bei diesem Antrag unterstützen und ihm Zustimmen. Im Landtagswahlkampf werden wir allerdings als LINKE in allen drei Wahlkreisen antreten gegen ein schwarz-gelb-grün-rosa weiter so, mit den „Herrgöttle“ in den Rathäusern und im Landratsamt. Mehr Transparenz, mehr Öffentlichkeit, mehr Demokratie und weniger Geheimniskrämerei und weniger Verwaltungsklüngelei in den Rathäusern und im Kreistag ist eine unserer Forderungen, um mehr soziale Gerechtigkeit für die Einwohnerinnen und Einwohner zu erreichen. Ich freu mich drauf … (jom)
Auszüge aus dem Koalitionsvertrag zwischen Grünen und SPD in Baden-Württemberg 2011-2016:
Mehr Demokratie in den Kommunen
Die Städte und Gemeinden im Land sind die Orte, in denen die Stärken der Demokratie erlebt werden können. Hier erfahren die Bürgerinnen und Bürger, dass gesellschaftliches Engagement für eine Kommune von Vorteil ist und das Zusammenleben fördert. Hier entscheidet sich, ob die Menschen gerne in Baden-Württemberg leben.
Deswegen wollen wir die Elemente der direkten Demokratie auf kommunaler Ebene stärken und bürgerfreundlicher gestalten. Bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden sollen der Themenkatalog erweitert, die Frist verlängert und die Quorren abgesenkt werden. Auch auf Landkreisebene werden wir diese Verfahren einführen, ebenso die Direktwahl der Landrätinnen und Landräte. …
Die Arbeit in den kommunalen Gremien soll für die Bürgerinnen und Bürger transparenter werden. Deshalb wollen wir es künftig den Gemeinden und Landkreisen freistellen, die Sitzungen der Ausschüsse auch bei Vorberatungen öffentlich abzuhalten.
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