Haushaltsrede der LINKEN am 11.12.2023

Florian Vollert in Offenau

Sehr geehrter Herr Heuser,

liebe KreistagskollegInnen, liebe ZuhörerInnen,

Wir leben in seltsamen Zeiten. Einserseits haben wir Rekordeinnahmen beim Kreishaushalt, an der Börse verzeichnet der DAX einen Rekordwert. Deutschland ist die größte und stärkste Volkswirtschaft der Welt, hinter USA und China.

Andererseits: Krisen wohin wir sehen. International mit etlichen Kriegen, in Deutschland mit maroder Infrastruktur und eklatantem Fachkräftemangel. Man hat das Gefühl uns geht das Geld aus. Das politische Klima scheint sich zu verschärfen.

Krise im Gesundheitsbereich. Unser Krankenhaussystem ist krank, so hab ich am letzten Wochenende gehört, dass ein Mitarbeiter aus der Notfallaufnahme den Job wechselt. Durch entsprechend schlecht belegte Einheiten kann eine für ihn gewissenhafte Arbeit nicht mehr geleistet werden. Es kommen dadurch Menschen zu Schaden. In unserem Fallpauschalensystem sind Notfälle defizitär! Private Krankenhäuser müssen übrigens kaum Notfälle aufnehmen, ein kleiner Aspekt weshalb dort Aktiengewinne ausbezahlt werden können. Das ist übrigens das Gesundheitssystem, für welches Berater wie ein Boris Augursky stehen, der uns auch hier im Kreistag beraten hat. Wenn Krankenhäuser schon abgebaut werden, muss über eine alternative medizinische Versorgung nachgedacht werden, wie etwa ein MVZ-System. Dafür fordern wir ein Konzept.

Als Landkreis zahlten wir hohe Millionenbeträge für den Neubau der Krankenhäuser in Heilbronn und im Plattenwald. Das muss eigentlich das Land übernehmen. Dafür sparen wir dann bei den Reinigungskräften und den Beschäftigten der Service GmbH. Hier fordern wir den Übergang zum TVöD.

Übrigens auch Millionen, die uns an anderer Stelle fehlen. Etwa beim Neubau der Kreisberufschule, die nun zehn Jahre hintenanstand. Ist die Schule mittlerweile zumindest barrierefrei?

Da sind wir beim Thema Bildung, auch hier sind wir an der Grenze. Ein Offenbarungseid! Dauernd jammern alle vom Fachkräftemangel, aber die Kinder richtig zu beschulen klappt schon nicht mehr. Mein Sohn hat in der Realschule öfter mal 10 Stunden Schulausfall in einer Woche! Englisch alle paar Wochen einmal. Und das ganze nach der Coronazeit.

Die Lebenshaltungskosten steigen, die Inflation trifft viele hart. Dass es nun gute Tarifabschlüsse und entsprechende Tarifforderungen gibt, die auch die kommunalen Haushalte treffen, ist richtig. Aber wir brauchen das Personal und die Menschen brauchen Geld zum Leben.

Die Inflation hat aber nicht wegen zu hohen Löhnen begonnen, sondern wegen den explodierenden Energiekosten und ebenso explodierten Unternehmensgewinnen in einigen Sparten. Krisenprofitler allenhalben. In Spanien wurde übrigens eine Übergewinnsteuer für kostenfreien Pendlerverkehr im ÖPNV genutzt.

Bei uns fehlen solche Einnahmen. Daher auch zu wenig Budget für günstige Tickets und Infrastruktur. Beides wäre dringend nötig, auch hier im Kreis. Die Erhöhung der Ticketpreise im HNV und die Reduzierung des Mobilitätstickets sind falsch: ökologisch und sozial.

Geflüchtete/UMAs: Anstatt nun Brandbriefe und soziale Kälte gegenüber Geflüchteten zu zeigen, sollten wir lieber gegen Fluchtursachen vorgehen. Der Hauptfluchtgrund sind Kriege, die meiner Meinung nach zu verhindern waren. Statt weiter auf Eskalation zu setzen, müssen Kooperation und gemeinsame Sicherheitsstrukturen eine Rolle spielen. Mehr OSZE statt NATO.

So nun zu uns, dem Kreistag. Was können wir denn tun?

Wir sollten uns gegenüber dem Bund und Land melden, Probleme ansprechen und uns für eine gerechtere Besteuerung von hohen Vermögen und Gewinnen aussprechen. Wir sollten den größten Militärhaushalt in der Geschichte der BRD ablehnen, erstens fehlt das Geld andernorts, zweitens erhöhen Rüstungsspiralen die Kriegsgefahr.

Vor Ort sollten wir mit einer gewissen Gelassenheit agieren und uns nicht vom Populismus treiben lassen. Haltung bewahren. Der Herr Heuser macht das gut finde ich. Wir sollen nicht beginnen an kleinen Punkten, wie dem Mobilitätsticket oder der Antidiskriminierungsstelle die großen populistischen Schlachten schlagen. Das steht uns nicht gut zu Gesicht.

Wir stimmen dem Haushalt zu, weil Personal aufgebaut wird im sozialen und ökologischen Bereich. Wir lehnen den Antrag der FDP zur Antidiskriminierungsstelle ab. Begründung folgt mündlich.


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