An dieser Stelle dokumentieren wir die beiden Wortbeiträge, die ich vor dem Kreistag in Gemmingen gehalten habe. Die öffentliche Niederschrift der kompletten Sitzung (31 DIN A 4 Seiten) finden Sie hier. Johannes Müllerschön
Zum Thema Nachtragshaushalt 2010 und Ausblick 2011
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger
Liebe Kreistagskolleginnen und Kollegen
Sehr geehrter Herr Piepenburg
Es ist jetzt ungefähr ein Jahr her, seit wir in den Kreistag gewählt wurden und der Tagesordnungspunkt Haushalt bietet die Möglichkeit eines kurzen Resümees. Am 7.12.09 haben wir in Offenau den Kreishaushalt mit 59 Ja Stimmen und 10 Gegenstimmen mehrheitlich beschlossen, nach einer gründlichen und intensiven Beratung und Debatte. Es ist kein Geheimnis, dass ich zusammen mit immerhin 9 anderen gegen den Haushaltsentwurf der Verwaltung gestimmt habe. Trotzdem hatte ich den Eindruck, an einem wichtigen demokratischen Prozess beteiligt gewesen zu sein. „Haushaltsrecht ist Königsrecht der parlamentarischen Demokratie“ diese Redewendung konnte ich damals noch nach voll ziehen, auch wenn ich mich mit unseren Anträgen der LINKEN bekanntlich nicht durchsetzen konnte.
Genau 6 Tage, nachdem das Kreistagsgremium den Haushalt beschloss, noch bevor das Regierungspräsidium am 21.12.09 die Gesetzmäßigkeit bestätigte, erlies die Kreisverwaltung eine sogenannte Haushaltssperre, 15% der vom Kreistag beschlossenen Budgets der Ämter wurde gesperrt. Begründet wurde dies mit „der derzeitigen wirtschaftlichen Situation und den daraus resultierenden Unwägbarkeiten“ Zu diesen Unwägbarkeiten lesen wir heute in der vorliegenden Drucksache: „Im Haushaltsjahr 2010 profitiert der Landkreis Heilbronn von den hohen Steuereinnahmen des kreiseigenen Städte und Gemeinden aus dem Jahr 2008“. Eine Begründung für eine Haushaltssperre kann ich da nicht raus lesen.
Als ich von dieser Haushaltssperre erfuhr, dachte ich zunächst, ja super, da wird ein Haushalt beschlossen und die Verwaltung macht dann doch sechs Tage später, was sie will. Von wegen „Haushaltsrecht ist Königsrecht“ im Landkreis Heilbronn scheint das nicht zu gelten. Natürlich habe ich vermutet, dass zumindest die Fraktionsvorsitzenden und der Verwaltungsausschuss davon wissen. Die entsprechenden Kolleginnen und Kollegen mögen sich selber dazu äußern, wann sie von wem über die Haushaltssperre informiert wurden.
Ich werde dem Nachtragshaushalt ebenso die Zustimmung verweigern, wie dem Haushaltsentwurf in Offenau, auch wenn wir den nachträglichen Ausgaben für die Jagsttalbahn und für das Besucherbergwerk Kochendorf mit KZ Gedenkstätte zustimmen.
Noch ein Wort zu dem Haushaltsausblick 2011.
Das Beispiel über den nicht transparenten Haushaltsvollzug 2010 zeigt, wie weit wir im Kreistag weg sind von transparenten und nachvollziehbaren öffentlich diskutierten und beratenen Ausgaben und Einnahmen. Während andere kommunale Gremien einen echten Beteiligungshaushalt probieren und anstreben, wird bei uns mit den öffentlichen Mitteln selbst hinter dem Rücken des Kreistagsgremiums taktiert.
Im Haushaltsplan 2011 wird zu prüfen sein:
1)- ob es zukunftsfähig ist, bei den Schulen um 15% die Mittel zu sperren und zu kürzen.
2)- ob es sozial und gerecht ist alle erdenkbaren Einsparmöglichkeiten im Personalbereich zu Lasten der Beschäftigten auszuschlachten.
3)- ob es nachhaltig und vernünftig ist, alle sogenannten Freiwilligkeitsleistungen, einschließlich der Schulsozialarbeit einzufrieren, statt sie den Anforderungen anzupassen.
Auf der anderen Seite wird zu prüfen sein, ob die Finanzierungsbeiträge zur Modernisierung d.h. Neubau der SLK-Kliniken nicht als Freiwilligkeitsleistung zu sehen und damit nach schwarz-gelber Lesart zu reduzieren ist. Schließlich ist der Krankenhausneubau in unserer Republik immer noch Ländersache.
Desweiteren wird zu prüfen sein, ob die Ausgaben für den dringend notwendigen und überfälligen Ausbau der Stadtbahn Nord nicht überteuert sind, in Folge des überflüssigen Großprojektes Stuttgart 21. Die Haushaltsberatungen 2011 erfordern viel Transparenz und Offenheit aber auch soziales Einfühlungsvermögen.
Die parteitaktischen Seilschaften in der Region Heilbronn-Franken scheinen dem besonders bis zum 27.3.2011 noch entgegenzustehen.
In diesem Sinne bedanke ich mich fürs zuhören.
Zum Thema SLK Kliniken und Entlastung des Aufsichtsrats
Sehr geehrter Herr Piepenburg,
Werte Kolleginnen und Kollegen
Es wundert sie sicher nicht, das ich die Schließungen der Küchen immer noch für falsch halte und Denke dass sowohl Geschäftsleitung, wie Aufsichtsrat in dieser Angelegenheit viel Klinikpolitisches Porzellan zerschlagen haben.
Die Zukunft der Klinikversorgung in allen SLK Kliniken wird uns allerdings noch weiter beschäftigen. Konkrete Fragen zur Küchenversorgung kann ich Ihnen Herr Piepenburg, aber auch dem Herrn Bopp als anbietender Geschäftsführer für die zukünftige Küchenversorgung nicht ersparen.
Im Wesentlichen habe ich die Fragen bereits auf der letzten Sitzung des Kreistages gestellt. Da wir noch kein Protokoll dazu haben, können sie diese Fragen auch gerne auf unserer Homepage www.kreistag.die-linke-heilbronn.de noch konkreter nachschauen.
Nachdem nun geplant ist, dass die Löwensteiner Klinik die Küchenversorgung übernehmen will, sind die Fragen zu der dortigen Service GmbH natürlich noch wichtiger geworden. Gibt es in der Service GmbH in Löwenstein einen Tarifvertrag, wenn ja, welchen? Werden Beschäftigte der Service GmbH außer in Löwenstein auch an anderen SLK – Standorten beschäftigt? Wenn ja zu welchen Konditionen.?
Mein Vertrauen in den Aufsichtsrat und in die Geschäftsführung der SLK Kliniken ist drastisch gesunken, ich werde deshalb auch wegen der bisher sehr dünnen Informationslage einer Entlastung des Aufsichtsrats nicht zu stimmen.
Ob Bund, Land oder Kreis: Das jeweilige Gremium stimmt über das Haushaltsvolumen ab. Wenn das Volumen überschritten wird, muss das im Nachtrag genehmigt werden. Wie das Volumen eingehalten wird, wenn ein Engpass droht, ist Sache der Exekutive bzw. in einem Landkreis Sache der Verwaltung. Sie darf die genehmigte Grenze ohne (auch nachträgliche) Zustimmung nicht überschreiten, ist aber berechtigt, Maßnahmen zur Ausgabenbegrenzung (Ausgabensperre, Budgetbegrenzung) anzuordnen.
Merksatz: Parlamente stimmen über das Volumen ab, nicht jedoch über die Maßnahmen, die eine Volumenüberschreitung verhindern. Mich wundert, dass ein Kreisrat mit diesen Regularien nicht vertraut ist.
Ich finde die Beiträge sprechen Klartext und sprechen wunde Punkte an. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass sowas Vielen nicht gefällt. Aber ohne Widerspruch in den Gremien wird Wichtiges durchgewinkt, ohne öffentliche Diskussion. Transparenz scheint nicht immer gewünscht zu sein, aber für eine demokratischere Kultur unumgänglich.
Lieber Leser,
unabhängig von der verwaltungsrechtlichen Würdigung entsprechen ihre Ausführungen nicht meinem Verständnis von öffentlichem und demokratischem Haushaltsgebaren. Natürlich hat der Kreistag in Heilbronn nicht nur das Volumen, sondern die gesamte Haushaltssatzung mit den einzelnen Ausgabeposten diskutiert und beschlossen. Haushaltsvollzug und Haushaltsplanung sollten schon miteinander korrespondieren und sich entsprechen. Selbstherrlichkeit und Eigenmächtigkeiten von Verwaltungen sind nicht Ausdruck von Bürgernähe und Demokratiebewußtsein, im Gegenteil. Der Kreistag, mit seinem hohen Anteil an Bürgermeistern, sollte nicht ein Exercierfeld für verwaltungstechnische Tricksereien werden. Im Gegenteil ich wünsche mir eine offene, transparente und öffentliche Diskussionskultur. „Die da oben, machen ja doch was Sie wollen“ – dieser Ausspruch der Politikverdrossenheit wird durch „Regularien“ der etablierten Parteien gefördert, mit dehnen ich mich als Kreisrat der LINKEN erst gar nicht vertraut machen und mich auch nicht damit abfinden will. Trotzdem bedanke ich mich für ihre kritische Rückmeldung.