Lieber einen ehrlichen Gesellenbrief als einen gekauften Doktortitel

Am Donnerstagabend fand in Offenau die Bewerbervorstellung zur Bürgermeisterwahl statt. Lesen Sie hier meine Bewerbungsrede, die ich mit 20 Folien einer Präsentation untermauerte. Im Anschluss an die beiden Bewerbungen fand noch eine lebhafte Diskussion statt, an der sich auch Einwohner und Gemeindenräte aus Offenau erst zögerlich, dann lebhaft beteiligten. Die Rede des Amtsinhabers steht nicht digital zur Verfügung. (jom)

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Offenauerinnen und Offenauer.

Es freut mich, dass ich mich und meine Alternativen für die Offenauer Kommunalpolitik hier vorstellen kann. Herzlich willkommen allerseits.

Wählen hat für mich auch etwas mit auswählen zu tun und da gehören mindestens zwei personelle Alternativen dazu. Das ist ein Grund warum ich den Hut in den Ring geworfen habe.

Nach 18 Monaten Erfahrung im Kreistag stelle ich auch fest, dass Herr Folk und ich im Kreistag selten gemeinsam abstimmen, weder beim umstrittenen Brücken-Neubau in Gundelsheim, noch bei einer zusätzlichen Stelle in der Schuldenberatungsstelle des Landratsamtes. Auch aus diesem Grunde hätte ich es schade gefunden, wenn die Offenauer Kommunalpolitik und die Frage wer wird Bürgermeister so ganz im Landtagswahlkampf untergehen würde.

Jetzt will ich Ihnen aber zuerst die Gliederung für meinen heutigen Vortrag vorstellen.

Über meinen Lebenslauf und über das Persönliche will hier gar nicht mehr so viel erzählen, schließlich ist da ja schon einiges im Heilbronner Stimme Artikel gestanden. Trotzdem in Kurzform meinen Lebenslauf:

}  Am 21.1.54 in Umkirch bei Freiburg geboren

}  Mit 6 Geschwistern in der Landwirtschaft aufgewachsen

}  Nach der Grundschule in Umkirch, Wechsel auf das Rotteck-Gymnasium in Freiburg, bis zur mittleren Reife.

}  Ausbildung zum Landmaschinenmechaniker in Freiburg und Mannheim.

}  15 Monate Wehrpflicht in München

}  Seit 2.Mai 1978 beschäftigt im Landmaschinenbereich des Fiat Konzerns in Heilbronn

Wenn es dazu noch Fragen gibt, gerne später.

Um Ihnen zu erklären, wie man vom Landmaschinenmechaniker zum Bürgermeisterkandidaten wird möchte ich Ihnen jetzt zunächst meinen beruflichen und meinen politischen Werdegang kurz vorstellen:

}  Mein erlernter Beruf

}  Teilfreigestellter Betriebsratsvorsitzender

}  Standort und gewerkschaftliche Netzwerke

}  Qualifikation: Lieber einen ehrlichen Gesellenbrief, wie ein gekaufter Doktortitel

Mein erlernter Beruf hat sich in den letzten 40 Jahren rasant entwickelt. Vom metallverarbeitenden Dorfschmied, hin zum Hightech Mechatroniker, der immer häufiger mit dem Laptop und mit neuer Software zur Reparatur einer Landmaschine oder eines Traktors anrückt, statt mit der Werkzeugkiste. Mechanik, Elektrik, Hydraulik, Pneumatik, Elektronik und seit neuestem auch noch die Sattelitenkunde sind heute notwendige  und berufsspezifische Wissensgebiete. Der moderne Landmaschinenmechaniker ist alles andere als ein Fachidiot, eher ein Generalist, der diese 6 Wissensgebiete miteinander verbinden und verknüpfen muss. Sie sehen meine Damen und Herren, ich bin ein begeisterter Techniker und Handwerker.

In meiner Funktion als Betriebsrat stehen allerdings seit über 25 Jahren die Menschen im Mittelpunkt meines beruflichen Handelns.

Als Betriebsratsvorsitzender an einem kleinen Standort, wir sind in Heilbronn 130 Beschäftigte, habe ich rasch gelernt, wie wichtig Netzwerke und Kooperationen sind, um in einem Konzern mit weltweit über 200 000 Beschäftigten nicht unter zu gehen. Deshalb bin ich auch Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats von drei Standorten und stellvertretender Konzernbetriebsratsvorsitzender von vier weiteren Standorten.

Deshalb bin ich auch Mitinitiator des gewerkschaftlichen Netzwerkes Landtechnik, das national und europäisch zusammen mit der IG Metall unterwegs ist. Weiterhin bin ich in einem Netzwerk von Fiat-Betriebsräten in Deutschland aktiv beteiligt, indem ca. 60 Standorte von CNH, Fiat Auto, Iveco und anderen Konzernunternehmen verknüpft werden.

Ich bin es also gewohnt über das Werkstor hinauszuschauen, oder wenn Sie so wollen bin ich es gewohnt über den Kirchturm hinaus zu blicken.

Mein politischer Werdegang lässt sich relativ kurz zusammenfassen, zumindest was meine parlamentarische Arbeit betrifft, die erst 2009 begann:

}  Kandidaturen, 2006 zum Landtag (für die WASG) und 2005 zum Bundestag (für die Linkspartei)

}  Mitbegründer der Partei DIE LINKE im Kreis Heilbronn und seither Sprecher

Liebe Offenauerinnen und Offenauer, natürlich kandidiere ich als Johannes Müllerschön zum Bürgermeister und nicht als Linker Parteisoldat. Meine Parteizugehörigkeit und meine Funktionen dort habe ich aber auch noch nie verschwiegen. Allerdings wundere ich mich schon, dass ich in der Einladung zur heutigen Bewerbervorstellung in der Heilbronner Stimme als einziger mit meiner Parteizugehörigkeit aufgezählt werde. Soviel ich weis, haben auch die Herren Folk und Widmann ein Parteibuch. Liebe  Mitbewerber, so schlimm finde ich die beiden noch Volksparteien SPD und CDU auch wieder nicht, dass ihr Eure Zugehörigkeit verschweigen müsst. Wenn die Einladung für die Heilbronner Stimme von der Offenauer Rathausverwaltung geschrieben wurde, dann bitte ich doch darum, in Zukunft alle drei Bewerber gleich zu behandeln, so wie das in der heutigen Einladung in der Heilbronner Stimme bereits umgesetzt wurde.

Seit 2009 bin ich einziger linker Kreisrat, einer von insgesamt 75 im Landkreis. Da ist der Einfluss begrenzt, das gebe ich gerne zu. Isoliert bin ich allerdings nicht. Über eine Zählgemeinschaft mit den 2 Kreisräten der ÖDP und mit 7 Kreisräten der Grünen, wurde ich in die Regionalverbandsversammlung Heilbronn-Franken gewählt. Dort bilden wir auch  zu 7. eine Fraktion und ich bin stellvertretender Fraktionsvorsitzender.

Sehr geehrte Damen und Herren bevor ich Ihnen jetzt mein Fünf Punkte Programm vorstelle, will ich etwas vorausschicken. Einige wichtige kommunalpolitische Punkte finde ich in Offenau zwischenzeitlich gut geregelt. Da gehören Hochwasserschutz, Nahversorgung mit Lebensmittel und  mit Gütern des täglichen Bedarfs, ebenso dazu wie der Mensabau für die Ganztagsbetreuung und die Büchereierweiterung. Herr Folk hat Ihnen alle diese Punkte vermutlich schon aufgezählt, ich will Sie gar nicht alle wiederholen. Mit den fünf Punkten will ich Schwerpunkte setzen und zumindest andeuten, wofür ich mich im Offenauer Rathaus verstärkt einsetzen werde.

Auf der Kreistagssitzung im Dezember 2009, hier in diesem Raum in der Saline in Offenau habe ich auf den Zusammenhang zwischen schlechtem ÖPNV und Verkehrskollaps im nördlichen Landkreis hingewiesen, ich zitiere aus meiner Rede:

„Für mich gibt es einen einfachen Zusammenhang zwischen Versäumnissen und Verzögerungen bei der Stadtbahn Nord, Reduzierung von Bahnkilometern auf der Frankenbahn und dem zunehmenden Problem der Straßenverkehrsbelastung entlang einiger Ortsdurchfahrten. Dort, wo Busse und Bahnen den ländlichen Raum nicht ausreichend erschließen, nimmt der Autoverkehr zu und verstopft die Straßen. Hinzu kommen Mautflüchtlinge und Stauumfahrungsverkehre.

Ich begrüße es, dass sich Bürgerinitiativen diesem wichtigen Thema widmen, dass sie sich auch ortsübergreifend vernetzen und dass sich die BI Frankenbahn den Straßenverkehrs BIs im nördlichen Landkreis anschließt. Damit ist das Bürgerengagement meiner Meinung nach weiter, wie manches Kommunalparlament mit seiner Kirchturmpolitik.“ Zitat Ende aus meiner Kreistagsrede.

Natürlich haben wir auch im Kreistag und im Regionalverband schon viel über Schienenpersonennahverkehr und aber auch über Stuttgart 21 diskutiert.

Während die Bürgermeister im Kreistag einschließlich unserem Herrn Folk, bis auf eine Ausnahme dem regionalen Aufruf pro Stuttgart 21 schon vor der Schlichtung zugestimmt haben, so quasi im vorauseilenden Gehorsam, haben andere Widersprochen. Ich glaube nicht daran, dass mit Stuttgart 21 alles gut wird, ich weis demgegenüber aus meiner parlamentarischen Arbeit, dass man Geld nur einmal ausgeben kann, entweder für einen Tunnelbahnhof, oder für eine Flächenbahn.

Doch jetzt zurück zu Offenau, die Überschrift zu meinem ersten Programmpunkt habe ich deshalb wie folgt gewählt:

Bessere Nahverkehrsanbindung für Offenau – statt unkritischem Bürgermeisterlob für Stuttgart 21. Für soziale und intelligente Mobilität.

Was heißt das konkret?  Erklärung Statusquo Schienenanbindung von Offenau und Planung Stadtbahn Nord.

Die Stadtbahn Nord muss werktags so attraktiv werden, dass zum Beispiel ein Schichtwechsel beim größten Arbeitgeber in der Region keinen spürbaren Verkehrsstau mehr in Richtung Mosbach/Odenwald durch Offenau bewirkt. Die Kommune muss sich stark machen für:

•   den  integralen Taktfahrplan der Stadtbahn Nord, mindestens im Halbstundentakt, auch abends und am Wochenende.

•      einen RE (Regionalexpress) Halt in Offenau nach Heidelberg und nach Stuttgart.

•      eine Fahrrad- und Fußgängerbrücke über den Neckar, auch als Anschluss an den Bahnhof Bad Wimpfen (mit Direktverbindung nach Mannheim) .

•      den Ausbau des Offenauer Bahnhofes – barrierefrei

•       Gemeinsame und transparente Ausschreibung des Nah- und Fernverkehrs im nördlichen Landkreis, um eine kundenfreundliche und optimale Verknüpfung der Schienenverkehre zu erreichen.

Mehr Transparenz und Öffentlichkeit in Offenaus Kommunalpolitik statt nicht öffentlicher Gemeinderatssitzungen und mangelhafter  Bürgerbeteiligung.  – so habe ich den zweiten Punkt überschrieben

  • D.h. Zurverfügungstellung von öffentlichen Sitzungsunterlagen, Berichten und Protokollen zum Beispiel im Internet. Da sich die Zuschauerzahlen bei öffentlichen Gemeinderatssitzungen ja eh in Grenzen hält, wäre es kein Problem da auch mal ein paar Kopien auszulegen, oder auszuteilen, damit die interessierten Leute auch der Sitzung folgen können.
  • Generell öffentliche Sitzungen des Gemeinderats, um die frühzeitige Einbeziehung der Bürger zu ermöglichen. Bürgerfragestunde nicht nur auf jeder Gemeinderatssitzung – sondern (warum nicht) zu jedem Tagesordnungspunkt.

Gutes Beispiel Transparenz meiner Kreistagarbeit im Internet, Hinweis auf meine Homepage. Als Familienvater weiß ich, dass man mit gutem Beispiel vorausgehen soll. Deshalb dokumentiere ich auch  meine Kreistagarbeit und die Arbeit im Regionalverband immer auf meiner Homepage. Jetzt werden vielleicht einige sagen es haben nicht alle Internet. Zu Beginn wollte ich auch im Amtsblatt der Gemeinde Offenau kurze Berichte über die Kreistagarbeit dokumentieren, das ging dann aber nicht wegen dem Redaktionsstatut.

Kommunales und ökologisches Engagement in der Stromversorgung statt Ausverkauf an den Atomkonzern EnBW. – so habe ich diesen Punkt überschrieben.

Der neue Stromliefervertrag der Gemeinde Offenau wurde auf der letzten Gemeinderatssitzung erneut an den Atomkonzern EnBW vergeben Einziges von der Verwaltung geprüftes Kriterium war die Kostenfrage. Während viele Privathaushalte auf  teils sogar günstigeren Ökostrom umsteigen, nimmt Offenau den „wirtschaftlichsten Bieter“, ohne die Kosten für Ökostrom überhaupt zu prüfen und abzuwägen und dabei auch die versteckten Kosten für die Allgemeinheit zu beachten.

Nicht nur Daseinsvorsorge in Sachen Strom wird an die Konzernwirtschaft vergeben, auch beim Offenauer Abwasser besteht die aktuelle Gefahr, dass der Konzern EnBW das Sagen übernimmt.

Entwicklung und Stabilisierung des Ortskerns statt Förderung von neuen kommerziellen Zentren auf der Grünen Wiese (Offenau Süd). – so habe ich den vierten Programmpunkt für Offenau überschrieben:

Mit der Ausweisung des Baugebietes Offenau Süd verstößt die Gemeinde nach Auffassung des Verwaltungsgerichts in Mannheim u.a. gegen den Regionalplan.

Zur Ansiedlung eines neuen, größeren Lidl Marktes plus Zoo- und Schuhmarkt plus Drogerie und  Textilmarkt auf der grünen Wiese nimmt die Gemeinde sowohl die Schwächung des eigenen Ortskerns in Kauf als auch die Beeinträchtigung der gut nachbarschaftlichen Beziehungen zu Bad Friedrichshall.

Nichts desto trotz führt Offenau genau an diesem umstrittenen Thema einen Don Quichotte Kampf  und zieht vor das Bundesverwaltungsgericht nach Leipzig. Auf der letzten Gemeinderatssitzung wurde klammheimlich eine Erweiterung des vorhandenen LIDL um eine Backstube baurechtlich vorbereitet.

Nicht zuletzt ist es schade um den fruchtbaren Ackerboden im Süden Offenaus und kein Indiz für nachhaltiges Flächenmanagement im engen Neckartal.

Kooperation und Koordination mit den Nachbargemeinden zur gemeinsamen Erfüllung der Daseinsvorsorge statt Kirchturmpolitik. 

Leider kann ich diese Punkte wegen der Zeit nur noch im Telegrammstill vorstellen:

}  Jugendräume in Selbstverwaltung und professionell unterstützt

}  Umgehungsstraße mit gemeinsamer Brückennutzung bei Gundelsheim

}  Fahrrad- und Fußgängerbrücke über den Neckar nach Bad Wimpfen

}  Beitritt in die Musikschule Unterer Neckar

}  Einigung mit Bad Friedrichshall im Streit um den Einzelhandel

 

Liebe Offenauerinnen und Offenauer,

Die Zukunft Offenaus liegt mir am Herzen und ich bitte Sie um ihre Stimme für mein Engagement und jetzt am heutigen Abend freue ich mich auf Ihre Fragen.


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