DIE LINKE im Heilbronner Kreistag zum Haushalt 2011: Finanzen, Krise, Klima und Stadtbahn statt Stuttgart 21

Lesen Sie hier die Haushaltsrede, die Johannes Müllerschön am 13.12.2010 in Lauffen vor dem Kreistag hielt:

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, Liebe Kreistagskolleginnen und Kollegen

Sehr geehrter Herr Piepenburg

Krise und Finanzen

Bei der Einbringung des Haushaltes in Jagsthausen, sagten Sie Herr Piepenburg (Zitat) „es sollte nicht vergessen werden, wie viel Geld der Staat in die Hand genommen hat, um die in den letzten beiden Jahren aufgetretene Krise in den Griff zu bekommen.“

Dem kann ich zustimmen, ich will diesen Punkt aus Sicht der LINKEN etwas konkretisieren. Richtig ist, zur Rettung der Banken und Finanzdienstleister wurden in der ersten Phase der Krise hunderte von Milliarden für Schutzschilde auf Bundes- Landes- und europäischer Ebene in kürzester Zeit zur Verfügung gestellt.

In der zweiten Phase sprang der Staat der gebeutelten Realwirtschaft bei, mit Verschrottungsprämien für die Automobilkonzerne und mit Kurzarbeitszuschüssen.

Während die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im ersten Fall als Steuerzahler bluten mussten, wurden sie bei der Krisenbewältigung mittels Kurzarbeit mit erheblichen Einkommensverlusten zur Kasse gebeten.

Weitere Opfer der Krise sind unzweifelhaft die Kommunen. Mit 12 Milliarden Euro stehen sie in der Kreide. Hinzu kommen weitere 40 Milliarden Euro an Kassenkrediten. Die Lage der Städte und Gemeinden ist auch im Landkreis angespannt, wenn auch sehr unterschiedlich. Aber dies ist nicht nur dem krisenbedingten Einbruch der Gewerbesteuern in 2009 geschuldet, sondern maßgeblich auf den Steuersenkungswettlauf von CDU, SPD, FDP und Grünen auf Bundesebene zurückzuführen. Fast 30 Milliarden Euro Mindereinnahmen auf Seiten der Kommunen gehen auf das Konto dieser Parteien. Sich nun hinzustellen und die kommunale Familie in Form einer Erhöhung der Kreisumlage zu bemühen wird nicht ausreichen, um der Situation gerecht zu werden.  Ehrlicher wäre es, das schuldhafte Verhalten der eigenen Parteien einzugestehen und für eine nachhaltige Finanzausstattung der Kommunen einzutreten. Das wäre doch auch einmal eine Aufforderung wert an unsere Herren Bundes- und Landtagsabgeordneten hier im Kreistag und im Regionalverband.

In Ihrer Haushaltsrede in Jagsthausen Herr Landrat heißt es weiter (Zitat): „Erschwerend kommt allerdings hinzu, dass auch die Zuweisungen, die wir vom Land erhalten, nicht in der bisherigen Weise kommen.“ Auch in dieser Bewertung  stimme ich Ihnen zu. Vielleicht sollten Sie da in Zukunft nicht nur auf die „kommunale Familie“ zählen, wenn der Landkreis Geld braucht von den eh schon gebeutelten Kommunen, mittels Erhöhung der Kreisumlage. Schließlich haben Sie ja auch noch eine Parteifamilie, die mit der CDU in Baden Württemberg seit nunmehr 58 Jahren ununterbrochen die politische Verantwortung trägt, und mit einer sozialen und nachhaltigen Politik immer mehr überfordert ist.

 Finanzen und Ökologie

Die Vorteile des neuen kommunalen Haushalts- und Rechnungswesen erschließt sich mir noch nicht ganz. Sie Herr Landrat erklärten uns in Jagsthausen sie sehen darin eine ressourcenorientierte Darstellung. „Die gesamte Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage wird vollständig aufgezeigt.“ Ich habe an dieser Aussage Zweifel. Im Zusammenhang mit unserer Diskussion um den Neckarelektrizitätsverband NEV, in dem der Landkreis Mitglied ist, finde ich da wenig Transparenz.

Auf der Seite 378 des Haushaltsplans 2011sind unter allgemeiner Finanzwirtschaft 100 Euro Einnahmen aus „Gewinnanteile LEVW Landeselektrizitätsverband Württemberg“ ausgewiesen. Zugegeben, da lassen sich nicht wirklich weite Sprünge mit machen. Aber interessant ist es doch, weil sich ja Gewinnanteile in der Regel auf ein bestehendes Vermögen beziehen. Deshalb habe ich die Frage an den Kämmerer, wie viel Vermögen, oder Eigentum besitzt der Landkreis am LEVW und warum ist dies nicht im Haushalt aufgeführt? Falls das rechtlich nicht notwendig ist aus irgendwelchen Gründen, dann wüssten wir das trotzdem gerne. Bisher habe ich darüber auch nichts im Beteiligungsbericht des Landkreises Heilbronn gelesen.

Ebenso verhält es sich mit dem NEV, der bekanntermaßen über ein sattes Vermögen von ca. 100 Mio Euro verfügt. Wie viel davon kann dem Landkreis als Körperschaft zugerechnet werden? Falls es dazu keinen Schlüssel gibt, dann versuchen sie nachrichtlich doch einfach eine theoretische Zuordnung entlang den zurzeit praktizierten Stimmrechten. Warum ist diese wichtige Ressource nicht im  Haushalt ausgewiesen? Natürlich wäre es auch interessant zu wissen, wie viele der 46 Gemeinden und Städte des Kreises hier wie viele Anteile, bzw.

Stimmrechte haben? Ist der Landkreis und die Verwaltung bereit hier eine koordinierende Aufgabe für den Landkreis und seine Gemeinden zu übernehmen? Welche Chancen, welche Risiken sieht die Verwaltung? Unabhängig von der Darstellungsform des kommunalen Eigentums wünscht sich DIE LINKE mehr Transparenz im Umgang mit Energie nahem, öffentlichen Eigentum.

Dienen soll diese Transparenz natürlich einer ökologischeren und sozialeren Politik. Da will ich heute zwei Prüfungsanträge an die Landkreisverwaltung stellen, die nicht parteipolitisch geprägt sind, sondern die im Stadtrat von Heilbronn fraktionsübergreifend mit großer Mehrheit bei 36 Ja Stimmen und einer Gegenstimme beschlossen wurden, im Rahmen eines Klimaschutzkonzeptes:

 Regionale Energieagentur

Bis spätestens Ende des Jahres – wird möglichst gemeinsam mit dem Landkreis Heilbronn – eine regionale Energieagentur geplant und beantragt. Die in diesem Bereich handelnden Akteure (Handwerkskammer, Energieversorger, Umweltverbände etc.) werden ins Boot geholt.

Herr Böhringer von der CDU und Herr Gall von der SPD, ich freue mich, dass auch Sie eine Energieagentur vorschlagen, bei einer gemeinsamen Agentur mit dem Stadtkreis sind dann auch noch zusätzliche Synergieeffekte drin. Und meine Damen und Herren, wenn die beiden Verwaltungen das nicht hinbekommen, weil sie nicht miteinander können, dann müssen  halt wir das fraktionsübergreifend, von unten anschucken.

Ebenso verhält es sich mit einer

Gemeinsame Biogasanlage

 Die Verwaltung wird beauftragt gemeinsam mit der HVG den Bau einer Biogasanlage (mit nachwachsenden Rohstoffen, Bioabfällen bzw. Grünschnitt) an einem geeigneten Standort auf CO“-Reduktion und Wirtschaftlichkeit hin zu prüfen und stellt dem Gemeinderat bis Anfang 2011 die Realisierungsmöglichkeiten dar. Um eventuell eine höher Wirtschaftlichkeit zu erlangen, soll auch geprüft werden, ob hierzu ein gemeinsamer Betrieb mit dem Landkreis sinnvoll sein könnte.

Ich bitte die Landkreisverwaltung diese beiden Anträge und Anfragen aus dem Heilbronner Stadtratsgremium wohlwollend zu prüfen. Soviel zur Ökologie.

 Frankenbahn und Stadtbahn Nord statt Stuttgart 21, so habe ich das nächste Kapitel überschrieben. Zunächst will ich aber sagen, ich freue mich über jeden kompetenten Mitkämpfer bei der Verbesserung des Nahverkehrs im nördlichen Landkreis, da können wir jeden gebrauchen.

Allerdings habe ich bei der Frankenbahn so langsam den Eindruck, dass es mehr Presseerklärungen und Lobeshymnen über eine Besserung gibt, wie tatsächliche, zusätzliche Bahnkilometer. Es wird nicht ausreichen, die miserablen Zustände des öffentlichen Nahverkehrs auf der Frankenbahn gesund zu schreiben. Die Landräte aus Baden-Württemberg sind mit Ihrem Aufruf pro Stuttgart 21 in den Landkreis Nachrichten ja wohl schon so weit, dass sie meinen das Geld für den Schienennahverkehr zweimal ausgeben zu können. Ihr Aufruf ist überschrieben mit (Zitat) „Stuttgart 21 nützt dem ganzen Land – Zukunft des Schienenverkehrs auch im Ländlichen Raum sichern“. Ich habe den Eindruck, dass in Sachen Schienenverkehr nur ein weiterer Faktencheck, dieses mal auf regionaler Ebene mit Landrat, Bahnvertreter einerseits und Bürgerinitiative Frankenbahn, BUND, VCD und Aktionsbündnis Heilbronner für eine Bahnwende stattfinden müsste. Dazu habe ich vor 8 Tagen schon mal 15 konkrete Fragen an das Dezernat Bauen, Umwelt und Planen des Landratsamtes geschickt und bin gespannt auf die Antworten.

Zu Ihnen Herr Böhringer, möchte ich noch eine kurze Episode berichten. Auf dem Rückweg letzte Woche von einer Konzernbetriebsratssitzung in Berlin über Würzburg kam ich mit der Frankenbahn zurück. Dort habe ich doch tatsächlich Zugmaterial vorgefunden, wo in der Toilette so eine handbetriebene Klappe vorhanden war, wo man auf die Schienen runter schauen konnte. Die Verhältnisse auf der Frankenbahn sind noch ganz schön besch  …  eiden. Von den 15 Fragen will ich jetzt nur die erste Vortragen aus Zeitgründen.

1)      Gibt es einen Fahrplan(entwurf) der zeigt wie sich die Situation für die Fahrgäste verbessert? Oder wird im Unterland auch zuerst gebaut und investiert und danach geschaut, was mit der neuen Infrastruktur und mit dem übrigen Geld noch verkehrstechnisch machbar ist?

 Es sind nicht alle 15 Fragen so emotional wie die erste, die anderen sind etwas konkreter.

 Sehr geehrter Herr Piepenburg, werte Kolleginnen und Kollegen, ich werde dieses Jahr für DIE LINKE keine haushaltsrelevanten Anträge stellen. Ich habe das Gefühl der eine oder andere Antrag aus dem letzten Jahr der schwiert hier auch noch rum und wird vielleicht noch umgesetzt. Ich werde mich auf die hier gestellten Anfragen konzentrieren und erwarte eine baldige, öffentliche Antwort.

 

Zum Schluss noch zwei Sätze zum Stellenplan. Aus „gut unterrichteten Kreisen“ weiß ich, das die Fremdvergabe der Gebäudereinigung an den Schulen kein Erfolgsrezept ist. Die Zeitvorgaben und die Vergütung im privatisierten Reinigungsgewerbe sind auf gut deutsch gesagt „unter aller Kanone“. DIE LINKE will daran was ändern und fordert deshalb die Wiedereingliederung der Gebäudereinigung an unseren Schulen als eine der Kernaufgaben in die Landkreisverwaltung und entsprechende Berücksichtigung im Stellenplan. Sicher wundert es Sie meine Damen und Herren nicht, wenn wir LINKE deshalb  den vorgelegten Stellenplan ebenso ablehnen wie den Haushaltsentwurf. Dem Abfallwirtschaftsplan stimme ich zu. Ich bedanke mich fürs zuhören…

Alle 6 Haushaltsreden 2011 finden Sie hier, im neuen Ratsinformationssystem des Heilbronner Kreistags.