Schon am Freitagabend wurde eine trink- und (verbal) rauflustige, fünfköpfige Horde von Erntehelfern aus dem Badischen erstmals auf dem Kornlupfergelände gesichtet. Sie kamen von der anderen Neckarseite und besetzten gleich einen Teil des Geländes mit ihren Fuhrwerken. Unverzüglich begannen sie mit dem Entladen derselben und verteilten ihr Gerödel. Bereits im Vorfeld hatte Häfeles Roland für die Truppe eine erste „Integrationsmaßnahme“ angeordnet, einen abendlichen Besuch im Zelt vom Gollerthan. Der um die Sicherheit im Dorf besorgte Schultes kam im Zuge der Gefahrenabwehr höchstpersönlich dazu, um die Identität und Seriosität der Angereisten zu inspizieren.
Angelockt wurden die Gestalten mutmaßlich vom ortsansässigen, einschlägig auch in der Landwirtschaft bekannten und Reingeschmeckten Johannes Müllerschön. Mit drei der knorzigen Gesellen ist er verwandtschaftlich verbandelt, nämlich mit seinen Brüdern Andreas (Umkirch bei Freiburg) und Thomas (Knielingen bei Karlsruhe) sowie seinem Vetter Tilmann Zahn. Der fünfte im Bunde ist der Franzose Etienne Gentil, mit dem sich Müllerschön jahrzehntelang beim selben Brötchengeber verdingte.
Nachdem sich der Schultes bis tief in die Nacht von der Trinkfestigkeit und einer ausreichenden Seriosität der Angereisten überzeugte, durften dieselben am Samstagabend mit den nach Offenau zur Nabelschau angereisten Promis und allen am Kornlupferfest beteiligten Gruppen unter dem Kommando vom Feuerwehr Ehrenkommandanten Franz Rittenauer mit auf den Festplatz einlaufen. Dabei setzten sie eine eigene fast unpolitische Duftmarke.
„Alles Scheiße? Es kommt drauf an was man draus macht – Dung oder Mist“ unter diesem Motto verteilten sie eifrig, unter dem fröhlichen Gekreische der Kinder aus dem mitgeführten Güllefass eine Flüssigkeit (angeblich in Trinkwasserqualität) breit unter den nicht immer begeisterten Gaffern und Gästen. Als ob man den Offenauer Kornlupfern erklären müsste, dass das Düngen vor dem Ernten kommt.
Zum Höhepunkt des Festes am Sonntag bekamen die Erntehelfer des Knielinger Museumsvereins dann auch noch Unterstützung von einer Flegeltruppe der Dreschgemeinschaft Dühren. Im Dreiklang wurde dann gedroschen und geflegelt. Dank Unterstützung des örtlichen Bauernverbandes wurde denn auch nicht nur leeres Stroh gedroschen, sondern echtes Offenauer Korn. Als Antrieb diente laut Müllerschön „ein ehrlicher Einzylinder Diesel, Baujahr 1952, mit Wasserverdampfer und ganz ohne Schummel Software“. Derselbe Ackerschlepper, der beim Einmarsch das Güllefass zog, wurde per langem Riementrieb vor die Dreschmaschine gespannt und dann gings los: Ernten wie zu Großvaters Zeiten.
Der Dreiklang durch die Geschichte der Erntetechnik wurde abgerundet durch die Optik des ersten Mähdreschers vom Guthörle aus Obergimpern, der sich hervorragend eignete, um die Funktionsweise der fahrbaren Dreschmaschinen den großen und kleinen Fans zu erläutern.
In den Zwischenzeiten staunten die Erntehelfer und andere nicht schlecht über die vom langjährigen, mittlerweile ehemaligen Vorsitzenden des Arbeitskreises Offenauer Vereine dem Heiner von Pierrots organisierten Traktorschau. „Schätze der Vergangenheit“ aus den Scheunen von Offenau, Obergriesheim und Billigheim gab es da zu bestaunen. Stolz präsentiert von den Besitzern und Fahrern, die sich schon in „Herrgotts Frühe“ auf dem Festgelände einfanden. Dort wurden sie von fleißigen HelferInnen eingewiesen und begrüßt. Sie freuten sich unter anderem über en heißen Frühstückskaffee, der mit der spontanen Unterstützung von der Jutta aus den Wohnhöfen (dort hatten die wilden Erntehelfer ihr Basislager aufgeschlagen) ermöglicht wurde.
Möglichst unauffällig packten zumindest 4 der 5 Vagabunden ihr Gerödel nach der letzten Dreschvorführung zügig zusammen und machten sich im wahrsten Sinne aus dem Staub. Mit dem schmunzelnden Hinweis, „sie müssten noch woanders dreschen“ verabschiedeten sich die doch eher bodenständigen und an die Scholle gebundenen Vagabunden in Richtung (sym-) badische Heimat. Nicht ohne die Offenauerinnen und Offenauer einzuladen zu einem Gegenbesuch, am Wochenende 2. bis 3.September 2017 nach Karlsruhe Maxau. Dort findet am Stammsitz des Museums ein Erntefest statt. Zwei bis drei Offenauer sagten denn auch gleich spontan zu.
Wer weiß, die „wilden Kerle“ kommen womöglich auch zum nächsten Kornlupfer wieder rüber übern Neckar …
Danke an alle Beteiligten, für einen (wie ich meine) gelungenen Farbtupfer auf dem eh schon bunten Offenauer Jubiläumskornlupfer.
Euer vagabundierender Kornlupfer Johannes Müllerschön