Am 9.12.2019 war die Haushaltssitzung des Kreistags im Bad Rappenauer Kurhaus. Nach 7 Reden der verschiedenen Fraktionsvorsitzenden und Gruppensprecher hielt Florian Vollert seine Rede für DIE LINKE. Nach der hier dokumentierten Rede findet ihr die Stimmergebnisse für die Anträge, die doch etwas Bewegung im Kreistag abbilden.
Hier die Rede:
Sehr geehrter Herr Piepenburg, sehr geehrte Kreistagsmitglieder, sehr geehrte Zuhörerschaft,
dieser Haushalt hat eine Besonderheit, die Kreistagsverwaltung möchte die Kreisumlage um 2 %-Punkte senken. Das bedeutet, wir haben anscheinend genug Geld. Wir sehen aber durchaus die Notwendigkeit für weitere Investitionen auf Kreisebene.
Investitionen von heute helfen für morgen. Und wenn ich die Mahnungen höre über eine sich eintrübende Wirtschaftsprognose, dann ist jetzt ein guter Zeitpunkt für Investitionen, um auch morgen eine intakte Infrastruktur zu haben. Wir wollen die Kreisumlage nicht senken, nihct etwa um den Kommunen Geld vorzuenthalten, sondern um sie bei ihren Aufgaben zu unterstützen, etwa beim Wohnungsbau.
Aktuell haben wir gute Chancen beim Thema ÖPNV Infrastruktur aufzubauen, bzw. schon mal vorhandene Infrastruktur wieder aufzubauen, wie bei der Frankenbahn und bei der Zabergäubahn.
Ich freue mich, dass beim Thema ÖPNV die Bedeutung erfasst wurde und es entsprechende Anträge von CDU und SPD gibt. Auch, dass wir dazu beim MOBI Netzwerk HNF offen diskutieren konnten. Es freut mich, dass wir eine AG ÖPNV starten und hoffe auf konstruktive Arbeit. Darüber hinaus hoffe ich auf eine möglicherweise stärkere finanzielle Unterstützung von Bund und Land.
Denn klar ist, wir müssen unser Mobilität anders gestalten. In Zeiten des Klimaschutzes, in Zeiten des Dauerstaus brauchen wir mehr ÖPNV. Aber der muss auch verlässlich sein, gut getaktet und bezahlbar. Nur ein attraktives Angebot wird auch angenommen. Um diese hohen Ziele zu erreichen brauchen wir entsprechende Anstrengungen. Dass dabei Land und Bund stärker in die Verantwortung müssen scheint klar. Nur bringt es nichts auf andere zu warten. Wir müssen auch hier und jetzt aktiv werden.
Völlig kontraproduktiv scheint mir in Zeiten von streikenden SchülerInnen das Zeichen des HNV die Preise zum Jahreswechsel wieder zu erhöhen. Wir reden hier allesamt von attraktiverer Preisgestaltung und dann das. Bei der Bahn sinken die Preise, der VVS hat ein besseres Angebot vorgelegt. Nur der HNV scheint seiner Zeit hinterherzuhinken. Zeit für eine Verkehrswende in der Region.
Darum sind auch 4 unserer 5 Anträge mit Verkehrsthemen befasst:
Antrag 1:
Landrat Piepenburg beantragt Geld aus dem Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung für den Ausbau der Frankenbahn und der Zabergäubahn und geht deshalb auf das baden-württembergische Verkehrsministerium zu. Für die Frankenbahn geht es um die regional bedeutsame eingleisige Engstelle in Züttlingen. Bei der Zabergäubahn geht es um den Aufkauf/bzw. die Übernahme der Schienentrasse. Die für die Förderungen notwendigen Eigenmittel werden in den Haushalt eingestellt.
Denn:
Wie in der Heilbronner Stimme aufgrund der MOBI Netzwerk HNF-Podiumsdiskussion zu erfahren war, will das Land Ausbau im Schienenverkehr mit Geld aus dem Klimaschutzprogramm 2030 erreichen. Da die Frankenbahn nicht im Bundesverkehrswegeplan ist, wäre diese Variante eine neue Option. Laut Stimme wartet das Land auf einen Förderantrag von Landkreis oder Regionalverband.
Die Verwaltung sagt, sie ist am Thema dran, aber ich denke einen klaren Arbeitsauftrag aus dem Kreistag kann der Sache nur helfen. Ich bitte sie um breite Zustimmung.
Antrag 2:
Die vom Kreistag gewählten Aufsichtsräte Piepenburg, Heuser und Steinbrenner werden beauftragt, sich im HNV für das 365 Euro Jahresticket einzusetzen. Der Kreistag beschließt die Einführung und hält im Haushalt Mittel für die Umsetzung bereit. Wenn dazu ein Masterplan notwendig ist, dann bitte sehr.
Begründung:
Bei einem entsprechenden Angebot steigen Menschen vom Auto in den Zug bzw. Bus. Bislang sind die Preise für ein attraktives Angebot zu teuer. Wir müssen beginnen das Angebot jetzt verbessern. Dass dabei Schwachstellen in der Infrastruktur zu Tage treten können, die dann behoben werden müssen scheint für mich sogar ein Vorteil zu sein. Das Ticket erst nach einer möglichen Verbesserung einzuführen erhöht eben nicht den notwendigen Druck. Das ein entsprechender Beschluss bis zur Umsetzung einen gewissen Vorlauf braucht ist ja klar. Aber wir sollten es jetzt beschließen.
In dem erwähnten „Klimaschutzprogramm 2030“ der Bundesregierung heißt es:
„Die Bundesregierung wird zusätzlich 10 Modellprojekte zur Stärkung des ÖPNV unterstützen, zum Beispiel die Einführung von 365 Euro Jahrestickets.“ – Nach Städten wie Reutlingen wäre jetzt auch ein Landkreis als Modell spannend, die Frage wie wirkt so ein Ticket im ländlichen Raum könnte hier bei uns beantwortet werden.
Antrag 3:
Der Landkreis „entbuscht“ die Trasse der Zabergäubahn in Zusammenarbeit mit den Anliegerkommunen als Zeichen Richtung Land und Bund. Die Kosten für die Reaktivierung können so laut technischer Vorstudie um 3,5 Mio. Euro gesenkt werden, der Wert für die standardisierte Bewertung steigt.
Begründung:
Was seit Jahren Ehrenamtliche in vorbildlicher Weise tun und am 25.1.2020 wiederholen, kann nun vom Landkreis als Bekenntnis zur Zabergäubahn mit übernommen werden: Die Entbuschung der Zabergäubahn. Deutliche Zeichen aus der Region für die Zabergäubahn sind wichtig, um die Entscheidungsträger im Zweifelsfall pro Zabergäubahn zu stimmen. Es wäre verkehrspolitisch eine Tragödie, wenn wir kurz vorm Ziel scheitern. Und die 3,5 Millionen sind eben keine Peanuts, sondern vllt die entscheidende Zahl. Ich fordere auch nicht, dass der Landkreis die Aktion für 3,5 Mio. Euro machen lässt, sondern gemeinsam mit den Kommunen, den Bauhöfen und den vielen Ehrenamtlichen durchführt und die Aktion koordiniert. Dabei könnte der Landkreis die Verpflegung und den Abtransport übernehmen. Ich gehe davon aus, dass wir dabei mit 100.000 Euro weit kommen.
Antrag 4:
Anbindungen an die Krankenhäuser Plattenwald und Gesundbrunnen von Brackenheim und Möckmühl aus verbessern, etwa durch spezielle Krankenhausshuttles. Der Landkreis beschließt einen entsprechenden Antrag/Arbeitsauftrag an den HNV oder übernimmt den Shuttle selbst. Das kann eine Verbindung am Sonntag sein, die vom Bahnhof Möckmühl oder gleich von Jagsthausen bzw. ZOB Brackenheim oder Zaberfeld zum Plattenwald und Gesundbrunnen fährt und nach 2 Stunden wieder zurückfährt. Die aktuelle Anbindung ist eben nicht attraktiv.
Begründung:
Die Versorgung der Menschen im ländlichen Raum wird zunehmend schwieriger, die Wege länger. Da die Krankenhäuser in den beiden Gemeinden Brackenheim und Möckmühl geschlossen wurden, sollten wir zumindest die Anbindung verbessern. Gerade in einer älter werdenden Gesellschaft müssen Angehörige auch ins Krankenhaus kommen können.
Wohnen
Um uns für unsere BewohnerInnen im Landkreis besser aufzustellen, müssen wir uns auch verstärkt dem Thema Wohnen widmen. Die kreisweite Förderung des sozialen Wohnungsbaus ist ein erster Schritt, den wir begrüßen und hoffen, dass er mit Leben gefüllt wird.
Übrigens bitte ich die Verwaltung zu prüfen, ob auch die Holzhäuschen der Aufbaugilde entsprechend gefördert werden und bitte die Kommunen dieses Angebot der Obdachlosenhilfe zu nutzen.
Aber wir können das Thema Wohnungsnot, dass in Teilen des Landkreises dramatische Situationen annehmen, stärker stützen. Indem wir eine Kreisbaugesellschaft gründen, würden wir hier einen praktischen Schritt machen. Einsteigen kann man auch auf niedrigem Level und z.B. Leerstand anmieten und vermieten. Das würde vielen Vermieter ihre Angst vor Mietnomaden nehmen. Kostet wenig und hilft viel.
Daher unser 5. Antrag:
Wir beschließen die Gründung einer Kreisbaugesellschaft. Für die Gründung einer Kreisbaugesellschaft werden Mittel eingestellt in Höhe € 100.000 bereitgestellt.
Ich bedanke mich für Ihre Unterstützung.
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Ergebnisse bei 63 Stimmberechtigten:
- Antrag zu Frankenbahn/Zabergäubahn: 20 Ja-Stimmen, 4 Enthaltungen, Mehrheit dagegen.
- Antrag zum 365 Euro-Jahresticket: 18 Ja-Stimmen, 4 Enthaltungen und Mehrheit dagegen.
- Antrag zur Entbuschung der Zabergäubahn: 3 Ja-Stimmen, 7 Enthaltungen und Mehrheit dagegen.
- Antrag zu den Krankenhausshuttles: 10 Ja-Stimmen, 7 Enthaltungen und Mehrheit dagegen.
- Antrag zur Kreisbaugesellschaft: 12 Ja-Stimmen, 5 Enthaltungen und Mehrheit dagegen.
Dem Haushalt 2020 wurde mit 5 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen zugestimmt.