Auf der Delegiertenversammlung der IG Metall: FIAT, Neonazis und Stuttgart 21

22. November 2011  (Nah-) Verkehr, Allgemein

In meiner Eigenschaft als Delegierter der IG Metall trug ich mit folgendem Diskussionsbeitrag zur Debatte bei. Johannes Müllerschön

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

auch wenn es hier in der Region im einen oder anderen Betrieb anders aussieht, bin ich überzeugt, dass wir die Finanz- und Wirtschaftskrise noch nicht überwunden haben. Am Freitag, den 30.September hat der Vorstandsvorsitzende Sergio Marchionne Vorstandsvorsitzender der Fiat SpA und von Fiat Industrial zum Jahresende den Austritt aus dem italienischen Arbeitgeberverband angekündigt. Heute hat er nach italienischen Presseberichten alle betriebliche Vereinbarungen mit den italienischen Gewerkschaften gekündigt.

 In einer weltweiten Telefonkonferenz wurde dieser Schritt und eventuelle Auswirkungen auf nationaler Ebene allen Personalmanagern im Fiat Konzern mitgeteilt. Auch wenn das nationale Personalmanagement bei uns in Heilbronn und in ganz Deutschland noch abwiegelt und von einer italienischen Auseinandersetzung spricht, traue ich den Herren nicht über den Weg.

 Ich habe den Eindruck, dass die Gewerkschaften nicht nur in Italien, sondern auch international auf so einen Generalangriff schlecht vorbereitet sind. In Deutschland versuchen wir uns über ein Betriebsrätenetzwerk über alle ca 60 Fiat/Iveco und CNH Standorte hinweg zu vernetzen und zu organisieren. Das ist nicht einfach, aber wir sind dabei, mit Hilfe der IG Metall auch auf europäischer Ebene

 

Kolleginnen und Kollegen,

in so spannenden politischen     Zeiten, will ich noch kurz was sagen zur Gefährdung unserer Demokratie und zur umkämpften Weiterentwicklung gerade auch in Baden-Württemberg. Für mich macht das Jahr 2011 auch sehr deutlich, dass wir als Gewerkschafter Politik nicht den Arbeitgebern und den herrschenden Bürgermeistern und Behörden überlassen dürfen. Die sind damit allein überfordert.

Dazu zwei kurze Beispiele: Wir haben uns am 1.Mai als IG Metall zu Recht beteiligt an den Aktionen gegen den Naziaufmarsch in Heilbronn. Die Polizei und die Stadtverwaltung Heilbronn haben die Gefahr von rechts damals eher verharmlost. Junge Antifaschisten und auch Teile der Gewerkschaftsjugend haben stattdessen mit Blockadeaktionen und Aktionen des zivilen, friedlichen Widerstands ermutigende Zeichen, und sich selbst auf die Straße gesetzt.

In der Zwischenzeit wurden mehreren Gegendemonstranten im Zusammenhang mit den Mai Aktionen Strafbefehle angehängt, wegen Vermummung. Erste Jugendliche sind auch schon deshalb verurteilt worden. Ich halte es zwischenzeitlich für nachvollziehbar, wenn sich Jugendliche nicht von Neonazis fotografieren lassen wollen. Meiner Meinung nach muß die Verurteilung von Nazigegnern sofort aufhören. Stattdessen begrüße ich die Erklärung der IG Metall „Neofaschistischen Terror konsequent verfolgen – NPD verbieten“, die Euch heute auf den Tischen vorliegt.

Natürlich will ich auch noch kurz was sagen zu Stuttgart 21. Am kommenden Sonntag seid Ihr aufgefordert Euch an der Abstimmung zu Stuttgart 21 zu beteiligen. Im Stadt- und Landkreis wird seid über 20 Jahren ein Nahverkehrskonzept geplant und ganz gemächlich umgesetzt, das sich Stadtbahn nennt. Bis heute ist der größte Betrieb in der Region in Neckarsulm  noch nicht vernünftig an den Nahverkehr angeschlossen. Stuttgart 21 wird an dieser Tatsache ganz sicher nichts ändern, sondern im Gegenteil. Das Geld, das in Stuttgart verbuddelt wird, fehlt bei der Umsetzung einer vernünftigen Stadtbahn Nord.

Ihr wisst Stadtbahn Nord soll kommen. Allerdings weis man schon heute, dass es in Richtung Norden ab Bad Friedrichshall keinen 1/2 Stundentakt sondern nur einen Stundentakt geben soll, weil sich dort die Stadtbahnstrecke teilt nach Mosbach und nach  Sinsheim. Begründung ist Geldmangel. Deshalb mache ich dem Betriebsrat von Audi folgenden Vorschlag. Vielleicht könnt ihr Euch mal Landrat Detlef Piepenburg und die im Kreistag vertretenen Parteien in den Betrieb einladen und von ihm ein Nahverkehrskonzept einfordern, das auch den Interessen der größten Belegschaft in der Region, den Audianern gerecht wird.

Zum nächsten Sonntag rufe ich Euch auf zur Abstimmung zu gehen. Deshalb sage ich Ja zum Ausstieg und Ja zu einem vernünftigen öffentlichen Nahverkehr.


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