Internationaler Frauenkampftag in Heilbronn

09. März 2014  Allgemein
Katharina Kaupp, Jugendsekretärin von Verdi auf dem Heilbronner Kiliansplatz (Foto Ralf Ritter)

Katharina Kaupp, Jugendsekretärin von Verdi auf dem Heilbronner Kiliansplatz (Foto Ralf Ritter)

Nach den erfolgreichen Aktionen gegen die Nazikundgebung am Samstag auf dem Berliner Platz, sprach Katharina Kaupp als Gewerkschafterin zum internationalen Frauentag. Sie ist auch Kandidatin der LINKEN zum Heilbronner Kreistag  im Wahlbezirk Ilsfeld. Wir dokumentieren ihre Rede hier im Wortlaut:

Liebe Freundinnen liebe Freunde, liebe Frauen, liebe Passantinnen und Passanten

 

Ich freue mich, ganz besonders heute bei der ersten Kundgebung der Linken Frauengruppe Heilbronn sprechen zu dürfen.

Die letzten Tage ging durch die Presse rauf und runter die Gewaltstudie an Frauen. Diese hat mich durchaus schockiert aber nicht wirklich überrascht. 1/3 aller Frauen haben in irgendeiner Weise Gewalt oder sexuelle Übergriffe erlebt. Das ist eine Zahl die unglaublich hoch ist und mich sehr empört. Warum denkt ihr euch ist das gerade jetzt das Thema einer Gewerkschaftssekretärin. Gut ich bin eine Frau ich kämpfe für Gleichberechtigung gegen Diskriminierung.

Aber nein es ist abgesehen meines politischen Selbstverständnis, leider noch viel banaler. Viele dieser Übergriffe passieren im Berufsleben. Eine kleine sexistische Bemerkung, ein zu nah kommen im Aufzug, ein beiläufiges über den Arm streicheln, einen Klaps auf den Po…

Alles Alltagssituationen !!! Alles Übergriffe…

Und wenn dann die Frau soweit ist und sich beschwert kommen häufig Aussagen wie auch sei doch nicht so prüde, war doch nur ein Spaß oder andere Dinge. Wenn sie sich in der Chefetage beschwert sind da häufig nur Männer.

Dies ist ein Zustand über den wir reden müssen. Dies kann kein hinnehmbarer Zustand sein. Aber vielleicht muss man auch daran rütteln das in Chefetagen fast ausschließlich Männer sitzen!

Das Stichwort ist Frauenquote!

Und ich weiß bei der einen oder anderen Frau löst das Wort Unbehagen aus. Ein paar meiner Freundinnen sagen zu mir häufig Katha ich möchte doch keine Quotenfrau sein, ich will wegen meiner Qualifizierung genommen werden. Auf eigene Leistungen zurück schauen können….

Ja und wo ist das bei der Quote nicht der Fall? Es geht doch darum Frauen überhaupt eine Chance zu geben in Führungspositionen zu kommen. Denn bisher sind 23,4 % Frauen in Führungspositionen zu finden und das obwohl Frauen die gleiche Qualifikation haben und häufig auch noch besser abschneiden. Wenn jedoch ausschließlich Männer darüber entscheiden wer eingestellt wird, werden diese wiederum Männer auf die Führungspositionen setzen, dass dies so ist zeigen die Zahlen. Also bisher schauen Frauen häufig auf ihr erreichtes zurück haben aber meist nicht die Position wie vergleichbare Männer. Nun Frage ich was ist besser eine Quote um mit entscheiden zu können und eine Gleichstellung zu erlangen oder ein eingeredeter falscher Stolz?

Und unter uns, wie viele Männer sitzen in der Chefetage die dafür überhaupt nicht qualifiziert sind gibt es darüber eine Debatte?

Das die fehlende Quote nicht unsere einziges Problem ist, ist mir bewusst. Häufig kommen Frauen ja nicht mal dazu Vollzeit zu arbeiten, sei es weil es an Betreuungsplätze für Kinder mangelt oder Frauen immer noch sehr häufig allein für die Pflege der Angehörigen verantwortlich sind.

66% der pflegebedürftigen Menschen werden Zuhause gepflegt und wer das macht ist auch ziemlich klar – überwiegend Frauen. Und wer jemand Pflegebedürftiges zuhause hat, kann nicht 100% Erwerbstätig sein, das liegt jedem auf der Hand.

Bei 61% der Frauen ist die Betreuung von Kindern der Grund für Teilzeitbeschäftigung. Ganz entscheidend für eine gute Vereinbarkeit von Arbeit und Leben ist eine vernünftige Kinderbetreuung. Und obwohl seit August letzten Jahres alle Unter-Dreijährigen Betreuungsplätze haben sollen, sind wir davon noch weit entfernt. Und es fehlen immer noch bis zu 20.000 Erzieherinnen und Erzieher.

Wenn man nun sieht was Erzieherinnen und Erzieher verdienen im Vergleich zu anderen Arbeitsfeldern und das dies, auch ein Beruf ist der in der Mehrheit von Frauen ausgeübt wird. Und man nun eine Gegenüberstellung von Bezahlung und Verantwortung und Arbeitsbelastung macht ist es kein Wunder das diese 20.000 Stellen noch offen sind. Da muss man sich die einfache Frage stellen wie viel ist uns eine gute Betreuung unsere Kinder wert.

Nun haben auch die Kommunen Probleme die Kita –Plätze zu bezahlen, aber dann liebe Bundesregierung verschleudert nicht das Geld im Betreuungsgeld, sondern investiert es in ausreichend Kita-Plätze und Faire Bezahlung von Erzieherinnen und Erziehern.

Wenn diese Phase von Kinder und Pflege von Angehörigen vorbei ist und wieder Zeit und Raum für eine Vollzeitbeschäftigung wäre, ist die Chance wieder im Beruf einzusteigen oftmals nicht gegeben.

Das müssen wir uns mal auf der Zunge zergehen lassen: Jede fünfte Teilzeitbeschäftigte würde bei uns lieber Vollzeit arbeiten, wenn man sie lassen würde. Das sind 1,4 Millionen.

In Baden-Württemberg sind 72% der Frauen erwerbstätig, aber viele dieser Frauen arbeiten in prekären Verhältnisse. Mehr als die Hälfte der 72% arbeitet in Teilzeit oder hat einen Minijob. Diese werden schlechter bezahlt und bieten kaum Aufstiegschancen.

Viele Frauen arbeiten im Dienstleistungssektor der häufig deutlich schlechter bezahlt wird, als andere Industriesparten. Wir müssen darüber diskutieren, was uns z.B. die Pflege eines Menschen oder die Betreuung unsere Kinder wert ist.

Häufig sind es kleine Dienstleistungsbetrieben in denen Frauen arbeiten. Da gibt es keine Betriebsrats oder Vertrauensleutestruktur. Da wird kein Tarifvertrag angewandt.

Die Realitäten sehen häufig so aus das Frauen, hier zu absoluten Dumpinglöhne arbeiten oder besser gesagt ausgebeutet werden. Deshalb ist die Forderung nach einem Flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 EUR (und das kann nur der Anfang sein) auch ein absolutes Frauenthema. Wir dürfen uns nicht mit Branchenmindestlöhnen oder sonstige Variationen abspeisen lassen unserer gewerkschaftlichen Forderung an die Bundesregierung ist klar. Wir brauchen einen Mindestlohn für alle Branchen und länderübergreifend.

Diese vielen Punkte von Ungleicher Bezahlung, Minijobs, Teilzeitbeschäftigung und die Bereiche in den Frauen für Dumpinglöhne arbeiten, sind aktuell für die Frauen ein Problem. Sie können sich trotz Arbeit wenig leisten, aber wenn man einen Schritt weiter geht ist die Folge daraus:

Altersarmut.

Im vergangenen Jahr betrug die Durchschnittsrente von Frauen in Westdeutschland 507 Euro, Männer bekamen 964 Euro. Allmählich dämmert es der Regierung: Altersarmut wird zu einem großen Problem. Nach Berechnungen des Ministeriums werden im Jahr 2030 etwa 1,5 Millionen Menschen Anspruch auf eine aufgestockte Rente haben. Und die meisten davon werden Frauen sein.

Das bedeutet:

Wer durchschnittlich verdient, muss mindestens 33 Jahre  ununterbrochen sozialversicherungspflichtig beschäftigt sein, um eine Rente in Höhe der Grundsicherung zu bekommen. Wer heute 2500 Euro brutto bekommt und 35 Jahre fleißig in die Rentenkasse einzahlt, kann am Ende zum Sozialamt gehen. Das ist eine absolute Sauerei.

Wir brauchen existenzsichernde Löhne und Gehälter, damit alle Menschen ausreichend Geld verdienen. Über die Sozialversicherungsbeiträge wird dann auch wieder die Rentenkasse gestärkt.

Wir haben das Jahr 2014 und stehen heute hier am 08. März zum Frauenkampftag. Und alle die sagen wir brauchen das nicht denn es gibt nichts mehr für das Frauen kämpfen müssten, habe ich gerade jede Menge Beispiele gebracht die das Gegenteil beweisen.

Das waren nur ein paar Beispiele und die auch nur aus dem Themenfeld Arbeitswelt. Da gibt es ja weit mehr. Wir dürfen nicht ruhen wenn wir nicht selbst kämpfen tut es niemand!!

Lasst uns kämpfen für eine solidarische, gleichberechtige Gesellschaft ohne Diskriminierung. Letztes Jahr habe ich am Frauentag den Satz gesagt ich bin eine Feministin. Das hat für ein ganz schönes Raunen gesorgt. Mensch das sagt eine junge Frau öffentlich… Ja ich sage es heute und nicht nur heute ich stehe dazu.

Was bedeutet das Wort

Das Wort Feministin – Feministin-!! Nun ist das ein Schimpfwort von Frauen für Frauen. Ich habe mal nach der Übersetzung geschaut und in Wikipedia:

Feminismus (abgeleitet aus dem französisch féminisme, vom lat. Wortstamm femina ‚Frau‘) ist sowohl ein intellektuelles Bekenntnis als auch eine politische Bewegung und tritt für Gleichberechtigung, Menschenwürde und Selbstbestimmung von Frauen ein.

Lasst uns alle Feministinnen sein und kämpfen in diesem Sinne!

Danke