Kreistagssitzung am 12.10.09 in Siegelbach: DIE LINKE fordert mehr Transparenz und ist gegen Privatisierung

Auf der letzten Sitzung des Kreistags am 12.10.09 sprach Kreisrat Johannes Müllerschön von der LINKEN ausführlich zum Tagesordnungspunkt 6 „Beteiligungsbericht 2008“:

Johannes Müllerschön am Rednerpult der Kreistagssitzung in Siegelsbach. Foto: Volker Bohn.

Johannes Müllerschön am Rednerpult der Kreistagssitzung in Siegelsbach. Foto: Volker Bohn.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger

Liebe Kolleginnen und Kollegen

Sehr geehrter Herr Piepenburg

Der Beteiligungsbericht bietet uns die Gelegenheit, zwei zentrale Wahlversprechen der LINKEN anzusprechen. Nämlich:

1. mehr Transparenz und Information in die Politik des Heilbronner Kreistags zu bringen. und

2. hartnäckigen Widerstand gegen Privatisierungsvorhaben zu organisieren und dem entgegen für Rekommunalisierung einzutreten.

In Punkt drei der Vorlage heißt es: „Die Erstellung des Beteiligungsberichts ist … ortsüblich bekannt zu geben und an 7 Tagen öffentlich auszulegen.“ Was heißt ortsüblich bekannt zu geben?

Ist das eine Anzeige in der Heilbronner Stimme?

Die öffentliche Auslegung von wichtigen Dokumenten in der Verwaltung und dann auch nur für 7 Tage ist doch in Zeiten des Internets nicht mehr angemessen und sehr bürgerunfreundlich.

Vorhin, beim TOP 3, haben Sie, Herr Landrat, uns erklärt, dass im Zuge der europaweiten Ausschreibungen alle Dienstleister einen Rechtsanspruch haben auf entsprechende Unterlagen, die elektronisch und übers Internet zur Verfügung zu stellen sind.

Es kann doch nicht wahr sein, dass wir den Unternehmern alle Unterlagen ins Netz stellen, und wenn ein interessierter Bürger aus Roigheim oder aus dem Zabergäu schauen will, ob wir und unsere GmbHs vernünftig und wirtschaftlich arbeiten, dann muss er halt zur richtigen Zeit sich aufraffen, um im Heilbronner Landratsamt  Einsicht zu nehmen in diesen Beteiligungsbericht. Dasselbe gilt natürlich auch für die heute schönste Gemeinde im Landkreis, nämlich Siegelsbach.

Ich beantrage deshalb, dass wir heute zur Kenntnisnahme noch einen Satz dazu  beschließen:

Der Bericht wird auf der Webseite des Landratsamtes öffentlich zugänglich gemacht.“

Doch nun, meine Damen und Herren, zum Inhalt des Beteiligungsberichtes.

Unter dem Punkt 7.6.2 Neckar AG heißt es lapidar:

„Der Kreistag des Landkreises Heilbronn hat im April 2008 beschlossen, die 138 Aktien der Neckar AG zu einem Stückwert von 49,49 Euro je Aktie zu veräußern“.

Ich kann mich an diese Sitzung in Ilsfeld noch sehr gut erinnern. Ich saß damals noch auf der Zuschauerbank und hatte keine Möglichkeit, Einfluss zu nehmen. Allerdings habe ich damals unter der Überschrift Heilbronner Kreistag beschließt Privatisierung des Rests vom Neckar. folgendes aufgeschrieben. (nachlesbar auf der Homepage des Kreisverbandes der LINKEN):

Ohne Diskussion und ohne Gegenstimmen beschloss der Kreistag am 28.4.08 auf seiner Sitzung in Ilsfeld den Verkauf der restlichen Aktien der Neckar AG. Auch wenn es nur um Aktien im Nennwert von 7 100 Euro geht, so war diese Beteiligung die letzte Beteiligung des Landkreises an einem Energieversorgungsunternehmen, sieht man von den eher symbolischen 50 EnBW Aktien mal ab, die der Landkreis erst im März 2007 wieder erworben hat. Damit hat sich der Landkreis endgültig vom Daseinsbereich Energie und Wasserschifffahrt verabschiedet. Laut Landrat Piepenburg habe diese Beteiligung keine strategische Bedeutung, alle anderen Landkreise würden in Bälde auch verkaufen.
Die Neckar-AG (NAG), heute bereits eine 82-prozentige Tochtergesellschaft der EnBW Kraftwerke AG, wurde 1921 gegründet, um den Neckar von Mannheim bis Plochingen zur Großschifffahrtsstraße auszubauen. Zur Finanzierung des Ausbaus sollten Wasserkraftwerke an der 200 km langen Strecke errichtet werden. Inzwischen betreiben die NAG und die EnBW Kraftwerke AG an den 27 Staustufen insgesamt 26 Laufwasserkraftwerke

Heute vermarktet die EnBW den Strom dieser Wasserkraftwerke als teuren Ökostrom. Natürlich hätten wir dieses Geld auch so quasi nach „Großväters Sitten“ nutzen können zum Ausbau und zur Verlängerung der Schleusenkammern für die Neckarschifffahrt. Das Gerede von den leeren Kassen des Landes Baden-Württemberg kann man sich ja kaum mehr anhören. Das Beispiel Neckar AG zeigt, wie falsch die Privatisierung von Elektrizitätsversorgungsunternehmen ist und war. Die einst so stolze, von Kommunen gegründete EVS, ist heute verkommen zu einem großen Energiekonzern, der durch Bestechungsversuche von Politikern und unverschämten Rentenzahlungen für abgewirtschaftete Topmanager auf sich aufmerksam macht. Schade, meine Damen und Herren Altgediente Kreisräte, an die haben sie im April 2008 unsere letzten Aktien der Neckar AG verhökert.

Die Position der LINKEN zum Thema Privatisierung ist wie folgt niedergelegt:

Wir wollen die Verschleuderung öffentlichen Eigentums beenden. Deswegen kämpfen wir gegen Privatisierungen und für starke öffentliche Unternehmen. …Nur mit starken öffentlichen Unternehmen haben demokratische Institutionen in vielen Bereichen Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten, z.B. auf eine klima- und ressourcenfreundliche Verkehrspolitik, auf eine gleichwertige Versorgung in Stadt und Land. Lebendige Demokratie, die auch etwas zu entscheiden hat, braucht einen vor Ort starken öffentlichen Sektor. Die Rekommunalisierung privatisierter Einrichtungen der materiellen, sozialen und kulturellen Grundversorgung bzw. ihre Rückführung in öffentliches Eigentum ist daher für uns ein eigenständiges politisches Ziel“.

Im April 2008 schrieb ich ebenfalls auf unserer Internetseite:

Bis solche Positionen (aus dem Leitantrag der LINKEN zum Cottbuser Parteitag) im Heilbronner Kreistag zu hören sind, dauert es wohl noch bis zu den nächsten Kommunalwahlen.

Meine Damen und Herren,  die Kommunalwahlen sind um und Sie mussten mir heute, anders wie in Ilsfeld im April 2008, heute zuhören.

Ich bedanke mich dafür.


4 Kommentare zu „Kreistagssitzung am 12.10.09 in Siegelbach: DIE LINKE fordert mehr Transparenz und ist gegen Privatisierung”

  • Interessierter sagt:

    Sehr geehrter Herr Müllerschön,
    ich interessiere mich ein wenig für die Kreispolitik und habe mal die Profile von den neuen Kreistagsleuten auf der HP des Landratsamts angeschaut und ihre Webseiten angeklickt. Vor einiger Zeit habe ich mich für eine bestimmte Gebühr des Landratsamts interessiert und die Zusammenstellung auf der HP vom Landratsamt gefunden. Da war auch der Beteiligungsbericht für 2007, bei der Kämmerei, wo er hingehört. Der Bericht für 2007 ist weg, jetzt ist der für 2008 drin. Insofern verstehe ich Ihren Antrag nicht (habe Ihren Text oben gelesen).

    Mit freundlichen Grüssen

    • Johannes Müllerschön sagt:

      Lieber Interessierter, Danke für den Hinweis, auch ich habe den Beteiligungsbericht nun gefunden, nachdem die Suchfunktion auf der Homepage des Landratsamtes wieder funktioniert ist das auch einfacher. Sicher wäre es sinnvoll gewesen, den Antrag auf Veröffentlichung des Berichts zurück zu nehmen. Stattdessen hat Herr Piepenburg abstimmen lassen. Meine Kritik an der zitierten Vorlage sowie meine Kritik am Verkauf der Aktien der Neckar AG halte ich aufrecht. Der Kreistag wird sich auch in Zukunft die Positionen der LINKEN zumindest anhören müssen, das lässt sich nicht per Abstimmung verbieten.

  • Interessierter sagt:

    Sehr geehrter Herr Müllerschön,
    ich bin davon ausgegangen, dass Sie meinen Eintrag kommentieren und hab deshalb Ihre Seite nochmals angeklickt. Sie schreiben in Ihrem Kommentar (Zitat)“ Sicher wäre es sinnvoll gewesen, den Antrag auf Veröffentlichung des Berichts zurück zu nehmen. Stattdessen hat Herr Piepenburg abstimmen lassen“.

    Wenn ich das richtige verstehe, wäre keine Abstimmung erfoderlich gewesen. Aber weil Sie den Antrag nicht zurückgenommen haben, musste abgestimmt werden. Das Wort „stattdesen“ passt nicht. Es ist doch klar, dass über einen Antrag abgestimmt wird, wenn er nicht zurückgenommen wird.

    Ich hab auch die Homepages von anderen Leuten des Kreistags angeschaut. Da ist mir aufgefallen, dass der SPD-Fraktionsleiter REINHOLD Gall heißt. Sie haben in in Bei Ihnen in Ihrem Kreistagbericht in EUGEN Gall umgetauft. Das aber nur nebenbei.

    Mir freundlichen Grüßen

  • Johannes Müllerschön sagt:

    Lieber Interessierter,
    ich freue mich, dass Sie ausser der Verwechslung Eugen und Reinhold keine weiteren Unstimmigkeiten gefunden haben. Das mit meinem Antrag ist ja schon etwas kompliziert. Er wurde gegen meine einzige Fürstimme zwar im Kreistag abgelehnt, von der Verwaltung aber dann doch umgehend umgesetzt, sonst wäre er ja nicht auf der Homepage einsehbar. Ich hatte eh den Eindruck, dass Herr Piepenburg nicht meinen Antrag abstimmen lassen wollte, sondern eher meinen Redebeitrag per „Isolation“ abstrafen wollte. Der eigentliche Inhalt, nämlich die Kritik an der einstimmig beschlossenen Privatisierung der Aktien der Neckar AG ging damit unter.
    Mit freundlichen Grüßen und danke für den Korrekturvorschlag. Ich werde jetzt noch den Eugen durch Reinhold ersetzten.

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